Betreten verboten.
 
 

Inge Mahn
 
Kreidestaub hat das Klassenzimmer eingenebelt und sich dann senkend gleichmäßig verteilt, jede Fläche, jeder Gegenstand und jedes Detail ist weiß bepudert.
Der Eingang steht offen, das Schild an der geöffneten Tür: «BETRETEN VERBOTEN» ist bloßer Hinweis aber keine Sperrung.
Denn jeder, der in den Raum geht, verletzt zwangsläufig die homogene, labile Oberfläche, hinterlässt Spuren und trägt die Spuren mit sich. Der Staub haftet überall da, wo der Körper ihn berührt, an Schuhsohlen, Händen, Kleidungsstücken. Jeder Besucher, der das Verbot mißachtet, (das Verbot und die scheinbare Unberührbarkeit wirken herausfordernd) trägt den Beweis seines Ungehorsams mit sich aus dem Raum hinaus, in andere Räume, durchs Haus, bis auf die Straße.
Zum Schluß der Aktionstage ist das gesamte Gebäude, der Hof und die angrenzende Strasse mit Kreidestaub gezeichnet.